Adventuretime: Sunrise Hut!
- steffigeisler
- Jul 17, 2015
- 7 min read
Zunächst einmal muss ich mich wohl dafür entschuldigen, dass ich mit diesem Blogeintrag und auch mit den noch folgenden so lang auf mich habe warten lassen, aber irgendwie bin ich im letzten Monat einfach nicht so wirklich dazu gekommen, mich mal hinzusetzen und in Ruhe meinen Blog zu aktualisieren - vielleicht auch, weil der letzte Monat noch einmal recht intensiv war bzw. noch immer ist und meine Zeit vor dem Pc sich da sehr in Grenzen gehalten hat. Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen ;-)
Nun kommen wir aber zu einem Ausflug, mit dem ich a)überhaupt nicht mehr gerechnet hätte und der b)in gewisser Hinsicht mit unserem allerersten Hiking-Trip vergleichbar ist.
Man mag sich an diesen Hiking-Trip vielleicht nicht mehr erinnern, aber um euch ein wenig auf die Sprünge zu helfen: Statt einer einfachen Wanderung zu den Shine Falls und zurück nahmen wir eine andere Route für "experienced walker" und landeten mitten im Nirgendwo, wanderten ziellos Stunde um Stunde durch die Gegend und kamen an unsere körperlichen Grenzen. Ok. Ich zumindest - wie das bei den anderen aussah, weiß ich nicht mit absoluter Sicherheit, aber auch an ihren Gesichtern ließ sich damals die Erschöpfung ablesen.
Nunja, vielleicht sind wir dieses Mal nicht sieben Stunden durch die Gegend gelaufen und waren letztendlich auch nicht ziellos, aber zwischenzeitlich hatte ich wirklich das Gefühl, dass mich all meine Kraft verlässt und ich von meinem Backpack begraben werde.
Wie dem auch sei - ich beginne nun mal von vorn.
Wie ich in meinem Geburtstagsblog schon erwähnt hatte, waren zwei Backpacker bei uns zu Besuch, die damals schon mal hier waren und mit denen wir eine gute Verbindung aufgebaut hatten.
Letztendlich verbrachten sie dann gut eine Woche hier bei uns und planten mit den anderen einen Ausflug zur "Sunrise Hut" (das ist eine Hütte in ca 1280m Höhe und dieser Ort ist bekannt dafür, dass dies der erste Punkt auf der Welt ist, an dem die Sonne aufgeht). Das Ganze bekam ich aber eher am Rande mit und als es dann losgehen sollte, war ich eigentlich ziemlich erschöpft, habe mich schlapp und erkältet gefühlt.
Doch dann wurde ich gefragt, ob ich denn nicht auch mitkommen wollte...Ich habe wirklich mit mir gerungen, weil ich wusste, dass das meinem Körper vermutlich den letzten Kick geben würde, der mir das restliche Wochenende im Bett bescheren würde, aber irgendetwas in mir schrie laut "Los, Steffi, das ist vielleicht die letzte Chance, noch einmal eine richtige Wandertour zu machen, bald geht es nach Hause"...
Dieses Geschrei konnte ich dann auch so überhaupt nicht ignorieren, also beschloss ich (mir immer wieder einredend, dass der Track laut der anderen auch familienfreundlich sei und somit ja nicht soooo anstrengend sein konnte), einfach alle Zweifel, die auf meiner doch recht verstandes- und vernunftgeleiteten Gedankenbildung basierten, über den Haufen zu werfen und zu ignorieren.
Kurze Zeit später ging es dann ans Packen meines Backpacks, und auch wenn gesagt wurde, dass wir doch um ein Uhr losfahren wollten, damit wir noch im Hellen oben ankamen, wusste ich aus guter alter Wharerangi-People-Uhrzeit-Abmachungs-Erfahrung, dass sich das Ganze vermutlich mindestens um eine Stunde verschieben würde.
Damit lag ich dann auch nicht ganz falsch - aber ganz richtig auch nicht, denn wir verließen Wharerangi nicht nur eine Stunde später, sondern mehr als zwei!
Jedoch war das Gefühl, sich einfach keinen Stress zu machen, aber auch etwas sehr Schönes, sodass es mir eigentlich nichts ausmachte, so spät loszufahren.
Die Fahrt dauerte dann aber auch noch einmal mehr als eine Stunde, sodass es bereits halb fünf war, als wir auf dem Parkplatz ankam, auf dem wir unser Auto bis zum nächsten Tag abstellten.
Während das Wetter in Napier an diesem Tag unglaublich sommerlich war - man konnte schon fast im T-Shirt herumlaufen - bekam ich fast einen Kälteschock, als die Autotür des Campervans, mit dem die beiden Backpacker eigentlich herumreisten, geöffnet wurde.
Glücklicherweise hatte ich aber meine dicke Jacke dabei, da ich mich schon darauf eingestellt hatte, dass es abends womöglich auch recht kalt werden könnte.
Der Wanderweg schien zunächst recht harmlos zu sein - zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch noch keine Ahnung, dass wir uns Schritt für Schritt ein wenig weiter nach oben schrauben würden, um diese Hütte zu erreichen.
Ich erinnere mich auch noch sehr gut an meine Worte, als wir über die Schafswiesen langsam in den dichteren Wald eindrungen: "Oh, das gefällt mir hier! So müssen die Wanderwege sein"...
Die Hügel waren sanft, man konnte weit blicken und der Umschwung von Weide zu Wald gefiel mir sehr gut.
Doch dann beging der absolute Horror.
Die ersten Steigungen erwarteten uns. Und dann ging es mehr als zwei Stunden einfach nur nach oben. Weiter. Und weiter. Und weiter.
Bei jedem kleinen Stückchen, das nicht mehr nach oben, sondern ausnahmsweise mal geradeaus oder zumindest ein wenig nach unten ging, machte sich in mir große Erleichterung breit - diese Momente genoss ich schon fast richtig. Aber je weiter wir liefen, desto steiler wurde der Weg, und ich fühlte, wie meine Beine langsam schwerer wurden, ich kam öfter außer Atem und ich spürte meine Erkältung.
Was mich immer weiterlaufen ließ, war wohl nur der Ehrgeiz, der mir schon in vielen Situationen weitergeholfen hat und der Stolz, nicht aufgeben zu wollen.
Ich wollte das einfach durchziehen, ich wollte nicht stehenbleiben, nicht aufhören.
Aber es wurde dunkel, der Boden uneben und teilweise sehr matschig, weil es dann auch noch schneite, und ich wusste teilweise überhaupt nicht mehr, wo hinten und vorn war.
Und ja, dann gab es aber doch Punkte, an denen ich einfach nicht mehr konnte und für einen kurzen Moment stehen bleiben und innehalten musste, um die Atemnot und das Herzrasen zu besiegen.
Eigentlich wollte ich nicht stehenbleiben, denn nach jeder kurzen Pause wurde es nur noch schlimmer, wieder in das alte Laufmuster zu finden und nicht das Gefühl zu haben, aufgeben zu wollen.
Aber nach gefühlt 9238598 Stunden (ich muss gestehen, ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, dass wir überhaupt irgendwann noch ankommen) sah ich sie dann: die Sunrise Hut.
Welche Gefühle mich in diesem Moment überkamen, kann ich gar nicht beschreiben. Vermutlich war es eine Mischung aus unfassbarer Erleichterung, Dankbarkeit und auch ein Stückchen Stolz, dass ich es tatsächlich geschafft hatte, diese verdammte Wanderung durchzuhalten, ohne dass mich mein Wille verlässt.

Doch die Euphorie, endlich angekommen zu sein, verflog dann doch erst einmal recht schnell, als wir realisierten, dass es in dieser Hütte ja gar kein Licht gab und das Holz für den Ofen einfach zu feucht war, um ein Feuer entfachen zu können.
Das war alles ziemlich bitter - denn so ziemlich alle waren nassgeschwitzt, es war immerhin so kalt, dass es schneite (und ja, in der Hütte war es ungefähr so kalt wie draußen) und wir hatten einfach nur ein paar Teelichter, die wir noch in der Hütte gefunden hatten, um überhaupt ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen.

(Dieses Bild ist so hell, weil ich da mal den Blitz meiner Kamera eingeschaltet habe - auf dem unteren Bilder kann man dann erkennen, wie es ungefähr wirklich war :D)

Und wir waren SO hungrig.
Glücklicherweise hatten wir etwas zu essen gekauft und auch vorbereitet, sodass man damit schon ganz gut durchkam, aber es gab leider auch keine Möglichkeit, beispielsweise unseren Milchreis zu erwärmen, da das Feuer im Ofen wiegesagt auch einfach nicht brannte.
Doch wir ließen uns davon letztendlich dann doch unsere Laune nicht nehmen - nach circa 1 1/2 stündigem Versuch voller Geduld und gekränktem Stolz der "Männer" unter uns brannte das Feuer dann doch und wir begannen, uns ein wenig zu entspannen.
Und ich muss wirklich sagen - der Abend war sehr, sehr gelungen. Ich habe es genossen, einfach mit allen um den Tisch herumzusitzen, ein bisschen zu snacken, zu quatschen und Karten zu spielen (und auch ein Gläschen Wein zu trinken).
Ganz so lang waren wir dann aber nicht mehr auf, denn wir wollten ja am nächsten Morgen schon früh aufstehen, um den Sonnenaufgang nicht zu verpassen.

Die Nacht jedoch stellte sich für mich als sehr große Katastrophe dar, denn die Wanderung hatte meiner bereits begonnenen Erkältung wie schon vorherzusehen war den letzten Rest gegeben und so bekam ich aufgrund von gelegentlichem (bis häufigem) Husten, blockierter Nase trotz den sonst immer helfenden Nasentropfen und tränenden Augen und Hitze"anfällen" vielleicht ingesamt eine Stunde Schlaf in der Nacht. Zwischenzeitlich dachte ich, dass ich einfach mal rausgehen muss, um ein wenig frische Luft zu schnappen, aber letztendlich entschied ich mich dagegen, weil ich mich gleichzeitig auch einfach zu schwach fühlte.
In diesem Moment habe ich mich dann tatsächlich auch gefragt, ob es mir das alles wert gewesen ist.
Doch was wir dann am nächsten Morgen sahen, sollte diese Frage automatisch beantworten.
Als der Wecker klingelte, regnete und schneite es - und eigentlich wollten wir noch ein Stück weiter gehen, um einen noch schöneren Spot zum Sonnenaufgang-Schauen aufzusuchen, jedoch war dann alles so nass, dass uns nach gut fünf Minuten die Motivation abhanden kam - vor allem, weil wir auch gar nicht genau wussten, wo sich dieser bessere Spot befand.
Also gingen wir auf Nummer Sicher und kehrten zurück zu unserer Hütte und ließen uns auf den Bänken nieder, die die Veranda bereithielt.
Und wir warteten. Warteten. Warteten. Nichts geschah, es blieb für eine lange Zeit einfach nur dunkel und kalt. Eiskalt.
Wir saßen dort wie die Hühner auf der Stange, ziemlich eng aneinander und in unsere Schlafsäcke eingehüllt, um uns vor dem Kältetod zu schützen :D
Einige gingen dann auch noch einmal zurück in die Hütte, doch kurz nachdem sie ihren Platz auf der Bank verlassen hatten, ging es los.
Eigentlich hatte ich ein wenig Angst, dass man aufgrund der wolkigen Aussicht gar nichts vom Sonnenaufgang sehen würde, doch da wurde ich eines Besseren belehrt.
Eine ganze Zeit lang sah man einfach nur einen leichten Rotschimmer und ich glaubte, das wäre es schon gewesen. Doch das war nur der Anfang.
Das was sich dann abspielte, kann ich nicht in Worte fassen, aber die Bilder sprechen dabei dann wohl für sich.



(Ja, ich weiß nicht, wie so etwas möglich war, aber es sah tatsächlich aus, als gäbe es zwei Sonnen!!)


Nachdem dann die Sonne aufgegangen war, wagten wir es auch, das Gelände um die Sunrise Hut mal noch ein wenig näher zu erkunden und im Hellen wirkte einfach alles noch einmal ganz, ganz anders - man hatte einen wundervollen Blick auf die typische Hügellandschaft Neuseelands, die einen so unglaublichen Frieden ausstrahlte, dass man sich einfach gut fühlte, wenn man nur seinen Blick umherschweifen ließ.


Aber die Kälte (und vor allem vermutlich auch die Müdigkeit) führte dann doch dazu, dass wir dann nach recht kurzer Zeit unsere Sachen zusammenpackten und uns auf den Rückweg machten.
Der Weg nach unten war zwar nicht so anstrengend wie der nach oben, aber es wäre vermutlich angenehmer für den Körper gewesen, einfach nach unten zu joggen, da man sich so immer "stoppen" musste. Das war aber insgesamt auch nicht so möglich, weil es ziemlich matschig und teilweise dann auch etwas "glatt" war.
Nach circa 1 1/2 Stunden hatten wir die letzte Hürde dann aber auch geschafft und waren sehr froh, als wir im Campervan wieder nach Hause fahren konnten.
Tja, und als wir zu Hause ankamen, verbannte ich mich selbst so ziemlich direkt nach der Dusche in mein Bett - und da sollte ich auch für gut zwei, drei Tage nicht mehr herauskommen. Dieser kurze aber sehr intensive Trip hatte mich dann erst einmal völlig ausgeknockt, aber das war es mir letztendlich dann doch wert ;-)


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