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St. Martins Festival

  • Writer: steffigeisler
    steffigeisler
  • May 28, 2015
  • 5 min read

...Wenn man den Titel dieses Blogeintrags liest, könnte man sich fragen, ob dieser Eintrag nun schon älter ist und bereits im November letzten Jahres erstellt wurde, oder ob ich nun völlig verwirrt bin und Ende Mai von St. Martin spreche. Aber ich kann beides verneinen - und sage nun: Willkommen bei Hohepa, oder in Neuseeland, oder ganz einfach gesagt:

Willkommen am anderen Ende der Welt, wo St. Martin tatsächlich zu diesem Zeitpunkt gefeiert wird. Obwohl es ja irgendwo auch verständlich ist - es reicht ja schon, dass man hier an Weihnachten am Strand sitzt und grillt, da muss man ja nicht noch St. Martin im Sommer feiern, das ergibt ja mit dem Laternenumzug auch gar keinen Sinn, immerhin ist es abends um fünf Uhr ja dann noch hell. Das macht nur die Atmosphäre kaputt.

Naja, wer sich nun fragt, warum St. Martin hier am 29. Mai ist, den muss ich bezüglich einer Antwort leider enttäuschen. Ich habe absolut keinen blassen Schimmer und nehme es einfach mal so an xD. Denn das St. Martins-Fest war hier sehr schön und passt auch in meinen deutschen Jahreszeitenrhythmus ziemlich gut hinein, wenn ich mal die Augen vor dem derzeitigen Monat verschließe und nur das Wetter betrachte.

St. Martin hier hat verglichen mit dem Fest, das ich aus Deutschland kenne, eigentlich ziemlich viel gemein: Man trifft sich an einem Platz, zündet Laternen an, singt Lieder (zwei davon kannte ich sogar auf Deutsch - "Laterne, Laterne" und "Ich gehe mit meiner Laterne", das hat mich sehr an meine Kindergartenzeit erinnert und fast ein wenig nostalgisch werden lassen) und bahnt sich seinen Weg durch die Dunkelheit. Das Wetter war perfekt, es war zwar sehr, sehr kalt, aber ich hatte ein kleines Teelicht in der Hand, das mich zumindest ein kleines bisschen aufwärmen konnte, und der Himmel war klar - die Sterne strahlten am Himmel und der Mond, der Abend für Abend ein wenig runder wird, ließ uns in der Dunkelheit nicht vollkommen vom Wege abkommen.

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Wir trafen uns alle an unserem Wohnhaus @Wharerangi - alle Kinder und Mitarbeiter der Häuser, die hier in Poraiti sind, und sogar einige Elternteile waren dabei.

Dann führte uns unser Weg über die Farm, an einigen Stationen machten wir Halt und sangen Lieder, hielten unsere Laternen und Kerzen hoch (das war mir aber neu) - und auch die Nachbarn wurden von unserem Lichtermeer heimgesucht. Ein Nachbarspärchen hatte sogar Kekse, Marshmallows und Ananasstückchen vorbereitet und da durfte dann jeder ordentlich zugreifen.

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Nach diesem wundervollen Spazierengehen löste sich die Gemeinschaft dann auf und jeder ging zum Haus, in dem er arbeitet und genoss dort ein leckeres Abendessen, das aus Kürbissuppe und Scones bestand (und an diesem Abend habe ich bei uns im Haus die leckerste Kürbissuppe meines Lebens gegessen!). Eigentlich hatte ich frei, aber an solchen Festivals nehme ich gern teil und es ist auch ziemlich schön, einfach mal bei uns im Haus zu sein, ohne mit einem Kind zu arbeiten - viele Dinge nimmt man dann noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive wahr, und das Gefühl, in einem vierten Zuhause zu sein (mein "erstes" Zuhause ist bei meinen Eltern, das zweite ist das Zuhause meines Freundes, das dritte ist Wharerangi und ja, das vierte ist dann McGowan :-P), wird noch einmal viel stärker betont. Ich kenne mich dort aus, ich weiß, wo sich was befindet, ich helfe dann auch gern beim Abwasch mit, obwohl ich das nicht müsste, ich bin einfach gern dort in dieser Gemeinschaft dabei... Doch auch wenn dieser Abend wirklich sehr schön war, war ich innerlich doch von einer großen Trauer erfüllt, denn am Morgen hatte ich erfahren, dass eine meiner Großtanten, zu der ich ein enges Verhältnis hatte, obwohl wir uns gar nicht so häufig gesehen haben, nach fast neunzig Jahren auf dieser Erde von uns gegangen ist. Ich habe mich in diesem ganzen Jahr immer davor gefürchtet, was wohl geschehen würde, wenn wirklich ein geliebter Mensch stirbt, wenn ich nicht zu Hause bin. Ich wusste, dass es passieren könnte, ich habe es in Kauf genommen. Und doch hat es mir hier ziemlich den Boden unter den Füßen weggerissen. Das Ganze erscheint so weit weg und doch geht es mir so unglaublich nah, so nah, dass ein bloßer Gedanke daran dazu führt, dass man fast schon wieder anfängt zu weinen, wenn man sich nicht zusammenreißt. In meinem Kopf geht einiges vor...Ich stelle mir vor, dass ich, wenn ich wieder nach Deutschland zurückkehre, nicht mehr in das lächelnde Gesicht meiner Großtante schauen, sondern nur noch ihren Grabstein betrachten kann. Ich kann nicht bei ihrer Beerdigung dabei sein, ich werde nie die Möglichkeit haben, mich noch richtig zu verabschieden. Wie gern hätte ich sie noch einmal gesehen, ihr gesagt, dass sie ein ganz wundervoller Mensch ist und dass es vielleicht okay ist, jetzt zu gehen. Ich habe das Gefühl, dass ich noch einiges hätte loswerden wollen, aber all das geht jetzt nicht mehr. Wenn ich nun in den Himmel schaue, frage ich mich, ob sie mich von irgendwo dort aus sieht, ob sie hört, dass ich an sie denke... Noch nie zuvor habe ich die Erfahrung gemacht, einen Menschen zu verlieren, der mir am Herzen lag, und nun ist es der Fall - aber ich kann nicht wirklich "da" sein... Meine Trauer drückt sich hier vermutlich auch anders aus, als es in Deutschland der Fall gewesen wäre. Hier lenke ich mich deutlich mehr ab - ich weiß nicht, ob ich, wenn ich in Deutschland gewesen wäre, an diesem St. Martins-Fest teilgenommen hätte.

Ich weiß nicht, ob ich noch mehr geweint hätte, aber ich weiß, dass die Trauer innerhalb der Familie etwas anderes gewesen wäre. Aber dazu möchte ich noch sagen, dass sich hier auch sehr liebevoll um mich gekümmert wurde. Da die Wände hier sehr dünn sind und man, wenn man weint, eben nicht immer leise sein kann, wird man auch gehört - manch einer klopft dann an die Tür und öffnet sie, auch wenn ich nichts sage...Es tut gut, wenn einfach jemand da ist, ohne etwas zu sagen. Das ist manchmal besser, als viele Worte zu verwenden, die ja letztendlich doch nichts aussagen und verzweifelt versuchen, etwas wieder gut zu machen, das in diesem Moment irgendwie nicht gutzumachen ist. Jemand anderes stellt heimlich eine kleine selbstgebastelte Papier"halterung" für ein Teelicht in mein Zimmer, die mit Nüssen, Rosinen und Schokotropfen gefüllt ist und legt eine liebe Notiz dazu...

Manche Menschen versuchen einfach, mich abzulenken. In dieser Hinsicht habe ich also auch hier mit meiner "Wharerangi-Family" trauern können. Und dafür bin ich sehr dankbar.

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Während des St.Martins-Umzug habe ich die ganze Zeit an meien Großtante gedacht - das Licht, das ich in meiner Hand hielt, wurde symbolisch für sie angezündet... Ich werde sie sehr vermissen. Aber ich bin sehr dankbar darüber, dass ich sie kennenlernen durfte...Und in meinem Herzen wird sie immer weiterleben.


 
 
 

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